Das
Analysegespräch in einer Gruppe
Das Analysegespräch erlaubt es, sich wichtiger Merkmale von Situationen,
die erforscht werden sollen,
bewusster zu werden und das Verständnis ihrer Zusammenhänge zu vertiefen.
Beim Analysegespräch wird eine Situation nach folgenden Regeln analysiert:
- Innerhalb der Gruppe
wird eine Person bestimmt, deren Situation exemplarisch analysiert werden
soll.
- Die Gruppe bestimmt eine
Gesprächsleiterin.
- Die Person, die ihre
Situation analysieren möchte, schildert der Gruppe kurz und prägnant
den Sachverhalt, so wie sie ihn
aktuell sieht.
- Die übrigen Teilnehmerinnen
machen sich durch Fragen ein möglichst umfassendes Bild von der Situation.
Dabei haben sich einige Regeln bewährt:
• Es sollten nur Fragen gestellt werden: Äußerungen über
ähnliche Erfahrungen sollten vermieden werden. Mit dieser Regel wird
eine Konzentration auf das Problem bzw. die Situation der Berichtenden erreicht.
• Kritische Äußerungen (auch in Fragen verkleidete) sollten
nicht zugelassen werden. Diese Regel, die vor allem am Beginn
eines Gesprächs wichtig ist, soll bei der berichtenden Lehrerin den Eindruck
verhindern, sie müsse sich verteidigen.
• Lösungsvorschläge sind nicht erlaubt. Diese
Regel soll sicherstellen, dass die Suche nach einem tiefergehenden Verständnis
des Problems nicht durch die weniger mühevolle Sammlung von Rezepten’
gestört wird.
- Die Einhaltung dieser,
allen Teilnehmerinnen bekannten, Regeln wird durch die Gesprächsleiterin
beobachtet. Diese kann auch selbst Fragen stellen.
- Zur Analyse einer Situation
sind vor allem drei Arten von Fragen geeignet:
• Fragen zur Konkretisierung einer Bemerkung (z.B. die Bitte, ein Beispiel
zu schildern oder über einen Vorfall detaillierter zu berichten).
• Fragen zum gedanklichen (theoretischen) Hintergrund (z.B. die Bitte
um Begründung einer Maßnahme, die getroffen wurde).
• Fragen zur Systemerweiterung (z.B. die Bitte, auf die Rolle von Personen
oder Ereignissen, die etwas mit der Situation zu tun haben könnten, aber
im Gespräch noch nicht berührt wurden, einzugehen).
Im Verlauf der Analyse sollten
Fortschritte in drei Bereichen gemacht werden:
- Die Situation, in der
das Problem auftritt, sollte geklärt werden (Kenntnis der Oberflächensymptome;
nicht Klärung des Problems selbst!!!).
- Es sollte ein Verständnis
für „positive“ wie „negative“ Ursachen und Bedingungen
entstehen, die vermutlich an der analysierten Konstellation beteiligt sind
(Verbesserung der Tiefeninterpretation).
- Ein Bewusstsein davon,
was anders sein sollte, sollte entstehen. Dabei ist die Plausibilität
und Stimmigkeit der Erkenntnisse für die betroffene Person wichtiger
als die ‚objektive’ Stringenz der Argumente.
- Solche Analysegespräche
haben sich als fruchtbares Mittel zur Vertiefung des Verständnisses eines
Problems herausgestellt, wobei vor allem der Zusammenhang der an einem Problem
beteiligten Faktoren und neuralgische Punkte (‚Knoten’) sichtbar
werden, an denen Lösungsmöglichkeiten ansetzen können.
(in Anlehnung an: Altrichter/Posch: S. 81f)